Werbung
und Sponsoring in der Schule
(Hans Meyer-Albrecht, 1998)
In Zeiten knapper werdender öffentlicher Ressourcen wird die Frage
nach der Finanzierung von Schule immer virulenter. Sowohl auf Seiten der
Kommunen als Schulträger als auch seitens der Länder ist die verstärkte
Drittmittelfinanzierung nicht unwillkommen. So positiv die Einwerbung von
Drittmitteln einerseits ist, so stellt dies doch andererseits das bisherige
Verständnis von Schule als Institution zwar nicht grundsätzlich in Frage,
entfacht aber die Debatte über die zukünftige Funktion und das Erscheinungsbild
der öffentlichen Schule aufs Neue. Die Bedenken einzelner Kritiker sind
sicherlich ernst zu nehmen, ist doch vielen die „Coca-Cola-Schule“ in all ihren
Facetten deutlich vor Augen. Gleichwohl tun sich hier vielfältige interessante
Möglichkeiten für die Schulen auf, ein wenig mehr als bisher aus der Reserve zu
gehen und neue innovative Wege im Sinne der Öffnung von Schule zu beschreiten.
Stellungnahmen in der schulrechtlichen Literatur: Die Thematik der wirtschaftlichen Werbung an
Schulen wurde in der schulrechtlichen Literatur bislang kaum intensiv
behandelt. So riet Heckel/Seipp schon 1976 dem Schulleiter knapp, „gegenüber
unbefugten Sammlern, Vertretern, Händlern, Neugierigen ...“ resolut zu
handeln, vom Hausrecht Gebrauch zu machen und ggf. auch Strafantrag wegen
Hausfriedensbruchs zu stellen. Dietze vertrat ein Jahr zuvor die Auffassung,
der Schulleiter habe besonders streng zu überprüfen, ob Werbung etwa in den
geordneten Schulbetrieb eingreift; Werbung in der Schule sei deshalb nur in
Ausnahmefällen zulässig, z.B. bei Werbung für Bildungsangebote der Volkshochschule.
Ähnlich wurde auch von Heckel / Avenarius 1986 argumentiert.
Erziehungs- und Bildungsauftrag als Maßstab: Der Problematik wird man dann annähernd
gerecht, wenn man auf den schulgesetzlich normierten Erziehungs- und
Bildungsauftrag der Schule abstellt. In den meisten Schulgesetzen der Länder
finden sich Regelungen, wonach die Schule in Erfüllung des ihr obliegenden
Erziehungs- und Bildungsauftrages gehalten ist, die Schülerinnen und Schüler
u.a. zu individueller Wahrnehmungs-, Urteils- und Entscheidungsfähigkeit (in
der Informationsgesellschaft) zu befähigen und sie auf die Anforderungen der
Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten. Bereits der Entwurf für ein
Landesschulgesetz des Deutschen Juristentages aus dem Jahre 1981 machte zur
Festlegung der Bildungs- und Erziehungsziele folgenden Vorschlag:
- Kritische Nutzung selbst beschaffter Informationen durch die Schülerinnen und
Schüler
-
Wahrung eigener Rechte und Geltenlassen der Rechte anderer auch
gegen sich selbst
-
Selbständig und gemeinsam mit anderen Leistungen zu erbringen,
insbesondere im Beruf
Nach dem
Entwurf des Deutschen Juristentages sollte es Aufgabe der Schule sein, zur
Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler und damit zur Wahrung
und Verwirklichung der Rechte von Schülern und Eltern beizutragen sowie mittelbar
eine politische Kultur zu entfalten, die grundlegende Voraussetzung jeder
demokratischen Verfassungsordnung ist.
Entsprechend diesen Vorstellungen obliegt der Schule ein
verfassungsrechtlich begründeter Auftrag zur Vermittlung von Bürgertugenden.
Denn das demokratische Verfassungsverständnis gründet auf dem Konsens ihrer
Bürgerinnen und Bürger über verfassungsrechtliche Grundentscheidungen, in deren
Rahmen sich die verschiedenartigen Weltanschauungen entfalten können. Diesen
Spielraum zu bewahren und die Schülerinnen und Schüler in die Lage zu
versetzen, ihn auch aktiv wahrzunehmen, ist eine der tragenden Aufgabe von
Schule. Hierzu gehört auch, daß die Vermittlung demokratischer Leitbilder wie
Offenheit, Toleranz und Pluralität von der Schule nicht nur propagiert, sondern
auch vorgelebt wird. Dies kann und wird jedoch nur dann gelingen, wenn Schule sich
nicht ängstlich von allen politischen Entwicklungen, Tendenzen und Meinungen
abschottet. Nach dem so verstandenen Auftrag von Schule, der sich in der
Zwischenzeit in unterschiedlich verbalisierter Form in den Schulgesetzen der
Länder widerspiegelt, gelingt es auch, die neuen Tendenzen der Öffnung und
Kooperation von Schule rechtlich neu zu beleuchten.
Rechtliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern: Hinsichtlich der Rechtslage in den einzelnen
Bundesländern (Stand: August 1997) stellt sich die Situation bezüglich der
Zulassung von Werbung an Schulen wie folgt dar:
Baden-Württemberg Verbot von Werbung für
wirtschaftliche, politische, weltanschauliche oder sonstige Interessen (VV vom
19.10.1995, K.u.U. S. 554)
Bayern Untersagung von kommerzieller und
politischer Werbung in der Schule (Art. 84 BayEUG vom 7.7.1994, GVBl. S. 689
iVm § 88 ASchO vom 2.10.1973, GVBl. S. 535 und der KMBek. vom 28.4.1975, KMBl.
1, S. 1194)
Berlin Untersagung jeder Art von
Werbung auf dem Schulgrundstück (AV-Werbung vom 17.12.1982, ABl. S. 1677)
Brandenburg Verbot von Werbung auf
dem Schulgelände (VV-Werbung vom 13.10.1992 idFv 6.10.1994, ABl. MBJS Nr. 16 S.
884)
Bremen Keine Werbung an öffentlichen Schulen (RdErl.
vom 14.9.1987)
Hamburg Unzulässigkeit von Werbung in der Schule (SchulO
vom 5.11.1979)
Hessen Unzulässigkeit von Werbung an Schulen
(DienstO für Lehrkräfte vom 8.7.1993)
Mecklenburg-Vorpommern
Keine wirtschaftliche Werbung an öffentlichen Schulen
(Erl. KM vom 8.11.1993, Mittbl. M-V Nr.12, S. 475)
Niedersachsen Zulässigkeit von Werbung
dann, wenn sie dem Bildungsauftrag der Schule zurechenbar ist (Erlass vom
7.9.1994, SVBl. S. 290)
Nordrhein-Westfalen Zulässigkeit von Werbung, soweit sie
schulischen Zwecken dient (AllgSchO vom 23.6.1994)
Rheinland-Pfalz Werbung auf dem Schulgelände nicht zulässig (§ 89 SchO vom 14.5.1989, zul. geänd. 9.5.1995, GVBl.
S. 129)
Saarland Geschäftliche Werbung an Schulen
unzulässig (Erl. vom 25.4.1968 und 1.6.1968; AllgDO für Lehrer vom 10.11.1975)
Sachsen Verbot jeglicher Werbung in der Schule (VV vom 20.8.1992,
ABl. SMK Nr.11 S.16)
Sachsen-Anhalt Unzulässigkeit von Werbung in der Schule (RdErl. vom
16.1.1992)
Schleswig-Holstein Grundsätzliche Unzulässigkeit von
Werbung in der Schule (§ 49 SchG)
Thüringen Unzulässigkeit
kommerzieller Werbung in den Schulen (§ 56 Abs.3 SchG vom 6.8.1993, GVBl. S.
445)
Auf den ersten Blick scheint die überwiegende Mehrheit der
Bundesländer der Zulässigkeit von Werbung in der Schule ablehnend
gegenüberzustehen. In einigen Ländern wird jedoch intensiv an Änderungen der
bisherigen Vorschriften gearbeitet (so z.B. in Berlin und Sachsen-Anhalt), weil
man erkannt hat, dass eine pauschalierte Ablehnung jeglicher Werbung an Schulen
den derzeitigen Gegebenheiten nicht gerecht werden kann. Der Vollständigkeit
halber sei aber auch noch erwähnt, dass in einigen Bundesländern, die sich auf
eine strikte Ablehnung von Werbung festgelegt haben, mehr oder weniger stark
kodifizierte Ausnahmeregelungen bestehen bzw. Einzelfall-Entscheidungen durch
die Schulleitungen vorgesehen sind. Insgesamt sind diese Regelungen jedoch
nicht geeignet, zu einer wünschenswerten Regelungsklarheit beizutragen.
Werbung gleich Sponsoring? Zwischen Werbung und Sponsoring ist grundsätzlich zu differenzieren. Werbung ist in aller Regel verbraucherorientiert und in der Regel nicht an Bedingungen gebunden. Werbung an Schulen sollte daher zunächst keine größeren Probleme bereiten, wenn man als Maßstab ihrer Zulässigkeit den Erziehungs- und Bildungsauftrag anlegt und der Schule die verantwortliche Entscheidung im konkreten Einzelfall zuzutrauen bereit ist. Sponsoring hingegen basiert auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung, es erfüllt für Unternehmen gewisse kommunikative Funktionen. Rechtliche Bedeutung erlangt Sponsoring im Schulbereich da, wo die schulgesetzlich verankerten kommunalen Aufgaben des Schulträgers (Sachausstattung der Schulen) und die Aufgaben des Landes (Bereitstellung und Besoldung von Lehrkräften) möglicherweise tangiert werden. Sponsoring darf nicht dazu führen, gesetzlich festgelegte Aufgaben der öffentlichen Hand sukzessive und stillschweigend in die privatrechtliche Finanzierung zu überführen. Dies muss stets bei Verhandlungen mit Sponsoren beachtet werden.
Sponsoring-Verträge: Ein Sponsoring-Vertrag liegt vor, wenn sich in
einem privatrechtlichen Vertrag (schriftlich oder mündlich) eine Partei, der
Sponsor, dazu verpflichtet, einer anderen Partei, dem Gesponsorten, zur
Förderung ihrer Aktivitäten auf sportlichem, kulturellem, sozialem oder
ökologischem Gebiet Geld, Sachmittel oder Dienstleistungen zur Verfügung zu
stellen, und der Gesponsorte sich als Gegenleistung dazu verpflichtet, in
festgelegter Weise über die Entfaltung der geförderten Aktivitäten die
kommunikativen Ziele des Sponsors zu unterstützen. Aus rechtlicher Sicht der
Schule sind solche Vereinbarungen möglich, zulässig und sogar wünschenswert.
Bei Abschluss einer derartigen Vereinbarung ist jedoch stets zu beachten, dass
der Vertragsteil, zu dem sich die Schule verpflichtet, grundsätzlich dem
Erziehungs- und Bildungsauftrag zu entsprechen hat. Auch sollte von der Schule
vor Vertragsschluss geprüft werden, ob etwaige Rechte des Schulträgers oder
anderer Dritter von der Vereinbarung tangiert werden. In jedem Fall ist es sinnvoll,
den Schulträger bereits frühzeitig in die Verhandlungen mit einzubeziehen.
Sofern Schule nicht direkt Vertragspartner oder Empfänger von Leistungen sein
kann, können auch Elternvereine oder Schulfördervereine eingebunden werden.
Steuerliche Aspekte: Zu beachten ist
letztlich auch, dass neben vertraglichen Problemen auch fiskalische Aspekte zu
bedenken sind. Für die Firma oder den Betrieb, der eine Schule sponsern
möchte, gibt es die Möglichkeit, die finanziellen Aufwendungen in der Regel als
Betriebsausgaben oder Spenden steuerlich geltend zu machen. Wichtig hierbei
ist, dass die fiskalische Behandlung von Sponsoring-Einnahmen grundsätzlich
nicht davon abhängt, wie die entsprechenden Leistungen des Sponsors auf dessen
Seite steuerlich durch das Finanzamt behandelt
werden. So kann im Einzelfall also eine Einnahme von Sponsoren-Geldern
als Indiz für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb immer dann angenommen
werden (und damit zu einer Steuerpflicht führen), wenn der Empfänger über die
Duldung der Imagepflege hinaus aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt; ggf.
sollte daher im Einzelfall eine steuerliche Beratung erfolgen.
Fazit Insgesamt kann für den Schulbereich festgehalten werden, dass es
vielfältige Möglichkeiten eines zulässigen Sponsorings in der Schule gibt
(z.B. Unterstützung einer Sportveranstaltung der Schule durch Kreditinstitute
in Form von Trikotwerbung; Sponsoring von Busfahrten etc.). Allen gemeinsam ist
die unabdingbare Verpflichtung der Schule, bei allen diesbezüglichen
Entscheidungen stets den Erziehungs- und Bildungsauftrag zu beachten.
Literatur:
Bildungskommission NRW,
Denkschrift „Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft“, Neuwied, Luchterhand 1995
Bruhn/Mehlinger,
Rechtliche Gestaltung des Sponsoring, München 1995
Deutscher Juristentag,
Schule im Rechtsstaat Bd.1, Entwurf für ein Landesschulgesetz, München 1981
Dietze/Hess/Noack,
Rechtslexikon für Schüler, Lehrer, Eltern, Baden-Baden 1975
Heckel/Seipp,
Schulrechtskunde, 5.Aufl., Neuwied 1976
Heckel/Avenarius,
Schulrechtskunde, 6.Aufl., Neuwied 1986
Meyer-Albrecht,
Sponsoring und Werbung I, in: Schulverwaltung MO 5/96, S. 155 ff.
Meyer-Albrecht,
Sponsoring und Werbung II, in: Schulverwaltung MO 7-8/96, S. 221
ff.
Weiand,
Sponsoringvertrag, München 1995